Inkassobüro oder Rechtsanwalt beauftragen?

Vor dieser Frage standen Sie sicherlich schon, zumindest haben Sie darüber nachgedacht ob die jeweilig andere Lösung nicht doch effektiver ist. Die richtige Antwort – die gibt es ganz sicher nicht. Aber ich möchte versuchen Vor- und Nachteile aufzuzeigen um Ihnen die Entscheidung zu erleichtern.

Bei vernünftiger kaufmännischer Überlegung wird man immer die Auswahl der Beitreibungsmethode von der Höhe der Forderung oder des Forderungspaketes abhängig machen. So kann sich ein Unternehmen der effektivsten Methode kaum verschließen wenn der Ausfall der dubiosen Forderung ein Existenzbedrohendes Szenario schaffen würde. Im Umkehrschluss muss natürlich das Kostenrisiko der Beitreibung in einem vertretbaren Verhältnis zum erwarteten Zahlungseingang stehen.

Vorab muss natürlich geklärt werden, welche Faktoren für den erfolgreichen Einzug Ihrer Forderung von Relevanz sind. Nur die Auseinandersetzung mit diesen kann einer Entscheidungsfindung hilfreich sein. Ich verweise insoweit auf meinen Artikel „Fehler im Forderungseinzug“.

  1. Befugnisse

Mit Inkrafttreten[nbsp] des Rechtsdienstleistungsgesetzes, am 01.07.2008, wurden die Befugnisse der registrierten Inkassounternehmen deutlich vergrößert. Es ist diesen seitdem gestattet gerichtliche Mahnbescheide, Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse sowie die Anmeldungen im Insolvenzverfahren zu beantragen. Die Befugnisse der Inkassobüros enden bei einem Widerspruch gegen den Mahnbescheid bzw. bei der Vollstreckung in unbewegliches Vermögen. Die Vollstreckungsdienstleister rückten damit, in Hinblick auf die Befugnisse, ein wenig enger zusammen.[nbsp] Ich bin mir sicher das bei beiden Dienstleistern in der Regel eine absolut professionelle Bearbeitung Ihrer Forderungen gewährleist ist, so das dies kein Kriterium für die Auswahl sein kann.

  1. Arbeitsweise

Ein entscheidender Unterschied zwischen beiden Gruppen, ohne deren Wertung vornehmen zu wollen, ist die Arbeitsweise. Die Anwaltschaft legt meinen Erfahrungen zu folge weniger Augenmerk auf den außergerichtlichen bzw. vorgerichtlichen Bereich. Während fast alle Inkassobüros aktives Telefoninkasso anbieten, habe ich dies aus Anwaltskanzleien eher selten vernommen. Noch gravierender ist der Vergleich beim Arbeitsmittel „Außendienst“, welcher[nbsp] die höchsten[nbsp] Erfolgsquoten im außergerichtlichen Bereich zu verzeichnen hat. Während eine Vielzahl von Inkassobüros auf diesem Weg vertraut, kennt die Anwaltschaft dieses Mittel nicht. Nicht zuletzt sein mir noch ein Gedanke zum „Masseninkasso“ gestattet. Mit Masseninkasso möchte ich einen monatlichen Mandatsumfang von mehr als 100 Stück bezeichnen. Während die meisten Inkassobüros keine Probleme, weder personell noch technisch, mit einer solchen Beauftragung haben sind Rechtsanwaltskanzleien nur selten darauf ausgelegt.

  1. fachliche Spezialisierung

Abgesehen von den auf Inkasso und Forderungseinzug spezialisierten Anwälten, so genannten Inkassoanwälten, komme ich nicht umhin das weit reichende fachliche Spektrum, das ein Anwalt teilweise abdecken muss, als Nachteil zu bezeichnen.[nbsp] Im Gegensatz zu den Inkassobüros, die sich „nur“ auf ein Fachgebiet, dem „Vollstreckungsrecht“ tummeln, müssen Rechtsanwälte sehr oft auf mehreren Fachgebieten fit sein. Inkassobüros sind demnach, aus meiner Sicht, spezialisierter.

  1. Kosten

Die beim Forderungseinzug entstehenden Kosten stellen, aus meiner Sicht, eines der Auswahlkriterien für den jeweiligen Dienstleister dar. Während beim erfolgreichen Einzug der offenen Forderung praktisch Kostenidentität zwischen Anwalt und Inkassobüro besteht kann bei erfolglosen Bemühungen dies, teilweise erheblich, auseinanderklaffen. Während die Anwaltschaft aus berufsrechtlichen Gründen nur eine Abrechnung nach der Rechtsanwaltsvergütungsverordnung (RVG) vornehmen kann besteht bei den Inkassobüros die Möglichkeit einer pauschalen Abrechnung oder einer individuellen Vereinbarung

  1. Mandatsbearbeitung in Fällen des bestreiten einer Forderung

Man kommt bei objektiver Betrachtung nicht umhin diesen Punkt an die Anwaltschaft zu geben. Natürlich arbeiten alle Inkassobüros mit Vertragsanwälten zusammen die in diesen Fällen die entsprechenden gerichtlichen Schritte übernehmen. Die zeitliche Verzögerung bei der Mandatsübernahme, das erneute Einarbeiten einer zusätzlich involvierten Person bzw. die teilweise Umstellung des Arbeitsablaufes sehe ich hier, zumindest teilweise, als Nachteil für die Inkassobranche.

  1. Informationsbeschaffung

Informationen sind die wichtigsten Zutaten eines erfolgreichen Forderungseinzuges. Auf diesem Gebiet gibt es aber, meiner Meinung nach, kaum Unterschiede. Beide Gruppen arbeiten in der Regel mit professionellen Auskunfteien zusammen.

Die in diesem Artikel getroffenen Feststellungen stellen meine persönliche Meinung dar.